Podiumsdiskussion mit den fördernden Stellen: Was bedeuten die Kürzungen, z.B. 100 % freiwillige finanzielle Kürzung, konkret für die Deutschen Auslandsschulen? Foto: Uwe Richter, Deutsche Schule Istanbul
Gastgeber der diesjährigen WDA-Europatagung war der WDA in Kooperation mit der Deutschen Schule Istanbul. Neben Vertreterinnen und Vertretern aus der Türkei waren über 60 Teilnehmende von Frankreich über Rumänien bis Schweden vor Ort dabei. Die freien Schulträger tauschten sich mit Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft aus.
Lösungen erarbeiten, Zukunft gemeinsam gestalten
WDA-Vorstandsvorsitzende Heilke Daun sagte bei ihrer Begrüßung, dass die Deutschen Auslandsschulen nicht nur einzigartig seien, sondern unverzichtbar. Der Vorstand der Deutschen Schule Istanbul, Mithat Cin, betonte, dass die Zukunft der Deutschen Auslandsschulen nur gemeinsam gestaltet werden könne. Für Anke Reiffenstuel vom Auswärtigen Amt leisten die Vorstände der Deutschen Auslandsschulen eine „wichtige, hervorragende, unabdingbare Arbeit“. Sie bedankte sich, denn „ohne die Vorstände würde es die Deutschen Auslandsschulen nicht geben. Die Wertschätzung kann nicht groß genug sein“, so Reiffenstuel in ihrem Impulsvortrag. Reiffenstuel ging in ihrem Vortrag auch auf die aktuellen finanziellen Hürden der Deutschen Auslandsschulen sowie mögliche Lösungsansätze ein.
Die Deutschen Auslandsschulen befinden sich aktuell in einer sehr besorgniserregenden Situation: Erhebliche Mittelkürzungen, auch während des laufenden Schul- und Budgetjahres, bringen viele Schulen in Schwierigkeiten, ihren Betrieb wie bisher und mit höchster Qualität aufrechtzuerhalten. Und das, obwohl sie umsichtig planen und sich zu über 70 % selbst finanzieren müssen laut Auslandsschulgesetz. Die Förderung aus Deutschland wirkt jedoch als wichtiger Katalysator.
Die Förderung war deshalb Thema der Podiumsdiskussion mit den fördernden Stellen, bei der alle Teilnehmenden vor Ort anwesend waren. Anke Reiffenstuel, Beauftragte für Bildungs- und Wissenschaftsdiplomatie im Auswärtigen Amt; Heike Toledo, Leiterin der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA); und Thomas Mayer, Ländervorsitzender des Bund-Länder-Ausschusses für schulische Arbeit im Ausland (BLASchA) waren für die fördernden Stellen vor Ort. Für den WDA nahmen Prof. Dr. Hamide Özkaya Ferendeci, Vorstandsmitglied Deutsche Schule Istanbul; Walter Brand, Vorstandsvorsitzender Deutsche Schule Mailand, und stv. WDA-Vorstandsvorsitzender Ludwig Johannsen teil. Johannsen moderierte auch die Diskussion.
Bei den Schulen kommt immer weniger an
„Wir leben in einer ganz anderen Welt“, so eröffnete Ludwig Johannsen die Podiumsdiskussion. Trotz aller Krisen und Veränderungen sei es das gemeinsame Ziel, dass alle Deutschen Auslandsschulen weiterexistieren, so Johannsen.
Anke Reiffenstuel thematisierte die Herausforderungen im Kontext des Bundeshaushalts 2025 und des Schulfonds. Da der Haushalt bisher nicht verabschiedet ist, bleibt vieles unsicher. Trotz eines voraussichtlich gleichbleibenden Schulfonds kommen durch steigende Personalkosten immer weniger Mittel bei den Schulen an. Für 2025 ist deshalb eine 100%ige Kürzung der freiwilligen finanziellen Förderung geplant. Eine Umschichtung der Personalkosten innerhalb des Haushalts des Auswärtigen Amtes wäre nur sinnvoll, wenn der Gesamthaushalt wächst. Sie schlug deshalb etwa vor, dass Gastländer die jeweiligen Schulen unterstützen könnten. Zudem verwies sie auf das Problem der freiwilligen finanziellen Förderung, die abhängig von verfügbaren Mitteln ist und zu Ungleichbehandlung führt. Sie versicherte, dass es bei der freiwilligen personellen Förderung keine Abstriche geben werde.
Zur strategischen Weiterentwicklung der Deutschen Auslandsschulen sagte Reiffenstuel, dass der Masterplan sehr zeitnah ins Kabinett eingebracht werden soll, noch in diesem Jahr.
Anke Reiffenstuel hob die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den fördernden Stellen und den Schulen hervor und dankte dem WDA für die professionelle Zusammenarbeit.
Heike Toledo betonte, dass Förderverträge der Deutschen Auslandsschulen flexibler werden müssen, um auf geringere Mittel zu reagieren. Ziele sollten je nach Bedarf der Schulen angepasst werden, ohne Gelder nach dem „Gießkannenprinzip“ zu verteilen, es sollte ein solidarisches Prinzip geben. Besonders junge Schulen benötigen mehr Unterstützung. Output und Bedarf der Schulen sollten kombiniert berücksichtigt werden. Es sollte das System der Förderung verändert werden.
In Zukunft würde der Schulfonds nicht gleichauf mit der Inflation steigen; das bedeute faktisch eine Kürzung. Sehr positiv zu betrachten sei, dass die zuständigen Parlamentarier und Haushälter in Berlin zunehmend sensibilisiert für die Herausforderungen bei der Förderung sind. Dies sei besonders auch dem WDA zu verdanken, der wie die ZfA viele Gespräche führt. Zudem sei die Zusammenarbeit zwischen den fördernden Stellen so gut wie nie zuvor.
Thomas Mayer hob auch die Bedeutung von qualifizierten Lehrkräften hervor und forderte, trotz finanzieller Engpässe im Ausland die Qualität zu sichern. Die Schulen sollten sich durch digitale und hybride Konzepte weiterentwickeln und unabhängiger von der Förderung werden. Er hinterfragte, wie es möglich wäre, dass die steigenden Personalkosten im Schulfonds nicht den gesamten Fonds leersaugten.
Prof. Dr. Hamide Özkaya Ferendeci nannte auch die galoppierende Inflation in der Türkei als wesentliche Herausforderung sowie, dass die Schulgelder nicht weiter erhöht werden könnten und sollten. Schulgelderhöhungen, wie sie bereits von vielen Schulen vorgenommen wurden und werden, wären nicht immer und auch nicht die einzige Lösung des Problems, so die Diskutanten.
Walter Brand schilderte die schwierige Lage der Deutschen Schule Mailand und weiterer Schulen nach einer 35%-Kürzung der Förderung im Jahr 2024 und der angekündigten Kürzungen. Durch die Verschiebung von Schuljahr und Haushaltsjahr wirken sich diese mitten im Schuljahr aus. Personalkosten machten den Großteil der Schulbudgets aus, was bei unerwarteten Kürzungen der Förderung große Probleme verursachte. Er forderte Übergangsfristen, um plötzliche Einschnitte abzufedern und verwies auf die ehrenamtlich tätigen Vorstände an den Schulen, die diese schwierige Situation nicht nur lösen, sondern z.B. Schulgelderhöhungen auch rechtfertigen müssten. Er stellte die Frage, wer die Schulen strategisch weiterführen würde, für den Fall, dass die immer ehrenamtlich arbeitenden Vorstände zurücktreten würden, ob dies etwa kommissarisch die Botschaften und Konsulate übernehmen würden.
Bei dem darauffolgenden Punkt Neues bei den fördernden Stellen sprach Burghard Ahnfeldt, Büro der Kultusministerkonferenz (KMK), über die neue Prüfungsordnung und das Deutsche internationale Abitur (DIA) sowie über die Strukturreform der KMK. Heike Toledo informierte etwa über die didacta im Februar 2025 in Stuttgart. Die Deutschen Auslandsschulen würden diesmal geringere finanzielle Unterstützung der ZfA erhalten.
Information, Netzwerken, Best Practice und Ausblick
Im zweiten Teil der Tagung beteiligten sich die Teilnehmenden aktiv an der Weiterentwicklung des WDA. Zunächst wurde der aktuelle Stand der Interessenvertretung durch den WDA präsentiert. Es gab zudem Vorträge über Good Practice aus den Deutschen Auslandsschulen. Mithat Cin sprach über die Alumniarbeit im Schulvorstand, Marc Rapparlié von der Deutschen Internationalen Schule Zagreb präsentierte ein Bauprojekt, und das IELEV Gymnasium in Istanbul stellte die Arbeit als GIB-Schule vor. Mostafa Salama von Rahn Education – Rahn Schulen Ldt. sprach über die nachhaltige Steuerung einer privaten Bildungseinrichtung, während Thomas Frey vom Istanbul Erkek Lisesi die Zertifizierung als MINT-Schule vorstellte.
Zusätzlich umfasste das Programm kollegiale Beratung und Workshops mit WDA-Partnern.
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