Ausblick, Debatte und Mitgefühl beim 9. WDA-Symposium

Der Schwerpunkt war Nachhaltigkeit in der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Es ging aber auch um den Status Quo beim Schulleiterdienstvertag und den Stand der Digitalisierung. Mittendrin: die Deutsche Schule in Kiew, ihre Situation und die große Solidarität im Verband.

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Das 8. WDA-Symposium hatte im Oktober 2021 klar im Zeichen des Regierungswechsels gestanden. Am 3. Juni 2022 fand nun das 9. Symposium des Weltverbands der Auslandschulen statt, das sich auf Fragen und Themen zur „Nachhaltigkeit in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik“ konzentrierte. Die Redner und Diskussionsgäste setzten sich damit auseinander, welchen Beitrag die Deutschen Auslandsschulen langfristig zur Kultur- und Bildungspolitik leisten können und wie der Verband sie dabei bestmöglich unterstützen kann. Außerdem war ganz aktuell der Krieg in der Ukraine ein Thema: Die Deutsche Schule in Kiew erfuhr einmal mehr breite Solidarität und Unterstützung, wofür sich ihre Vertreter in Berlin persönlich bedankten. Auch wenn sich dank der entspannteren Pandemielage diesmal wieder viele WDA-Mitglieder, Partner und Multiplikatoren persönlich in Berlin austauschen konnten, war das Symposium erneut als hybride Veranstaltung organisiert. So konnten sich über Online-Kanäle auch diejenigen einbringen, die nicht persönlich anreisen bzw. keine Vertreter nach Berlin schicken konnten. Das Symposium war eingebettet in das viertägige WDA-Tagungsprogramm inklusive Mitgliederversammlung.

Cecere: Auslandsschulen setzen sich bereits kreativ für Nachhaltigkeit ein

Vito Cecere, Beauftragter für Außenwissenschafts-, Bildungs- und Forschungspolitik im Auswärtigen Amt, ging in seinem Grußwort auf die Vielschichtigkeit des Nachhaltigkeitsbegriffs ein, der nicht nur ökologische, sondern auch ökologische und soziale Aspekte beinhalte. Er erinnerte an die Neuakzentuierung der deutschen Außenpolitik durch den Koalitionsvertrag von 2021. Der neue Schwerpunkt Klimaaußenpolitik solle als Querschnittsaufgabe in der gesamten deutschen Außenpolitik verankert werden. Cecere verwies auf die 17 Nachhaltigkeitsziele der UNO in deren Agenda 2030. Diese seien an viele Adressen gerichtet: Regierungen, Unternehmen, die Wissenschaft, die Zivilbevölkerung. „Für die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist vor allem das vierte Ziel von Bedeutung. Dieses Ziel betrifft die Vermittlung einer hochwertigen, inklusiven, gleichberechtigten Bildung und die Förderung der Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen für alle.“

Das betreffe gute Lerninhalte, dauerhaft funktionierende Lernorte und Themen wie frühkindliche Bildung und Teilhabe. Auch die internationale Fachdebatte darüber, ob ein eigenes Schulfach Nachhaltigkeit sinnvoll sei, verdeutliche die Rolle der Schulen. „Das Auslandsschulsystem ist und bleibt ein zentrales Element in der internationalen Kultur- und Bildungspolitik der Bundesregierung“, betonte Cecere.

Stellvertretend für die wertvollen und oft innovativen Beiträge der Auslandsschulen erwähnte er drei aktuelle Nachhaltigkeitsprojekte: ein Aufforstungsprojekt in Chiang Mai (Thailand), die altersgerechte Vermittlung des ökologischen Fußabdrucks an Drei- bis Sechsjährige in New York (USA) und neue Klassensprecher speziell für Umwelt in einer Schule in Bratislava (Slowakei). „So etwas wird auch im heimischen Schulsystem wahrgenommen, da bin ich mir sehr sicher“, sagte Cecere.

Nachhaltigkeit der Förderung und Bedarfe der Schulen

In der anschließenden, von WDA-Vertreter David Nescholta (Chiang Mai und WDA-Vorstand) moderierten Diskussion ging es um zwei Leitfragen: Welchen Beitrag leisten die Deutschen Auslandsschulen für die Nachhaltigkeit der AKBP? Und was benötigen sie, um die geforderte Nachhaltigkeit zu gewährleisten?

Neben Vito Cecere beteiligten sich weitere wichtige Stimmen aus dem politischen Betrieb: Thomas Erndl (MdB), Minister Prof. Dr. R. Alexander Lorz (Mitglied des Präsidiums der KMK). Außerdem gehörten dem Podium mit Ulla Schmidt (MdB a.D.). und Dr. Peter Fornell gleich zwei Persönlichkeiten an, die der Verband im Rahmen seiner Mitgliederversammlung zu Ehrenmitgliedern ernannt hat: Der bisherige WDA-Vorsitzende Fornell verließ nach drei Amtsperioden satzungsgemäß den Vorstand und wurde nach seiner Entlastung als Vorstand zum Ehrenmitglied ernannt. Ulla Schmidt wurde im Rahmen der Mitgliedersammlung als Ehrenmitglied vorgeschlagen und bestätigt.

Schmidt ging in der Diskussion unter anderem auf die Wechselwirkung zwischen der großen Weltpolitik und Rolle der Deutschen Schulen im Ausland ein: „Die Deutschen Auslandsschulen waren immer schon ein Aushängeschild. Aber ihnen fallen mittlerweile ganz andere Aufgaben zu, weil sich die Welt und auch Deutschlands Rolle darin geändert haben. Die Schulen und die Lehrer werden mit neuen Fragen konfrontiert, weil wir nicht mehr überall als das nette, hochangesehene Deutschland betrachtet werden, wohin man gerne seine Kinder schickt.“ Mit Blick auf Deutschlands globale Anerkennung sollten die Auslandsschulen bei Finanzierungsdebatten nicht als zweitranging betrachtet werden. Der Haushaltsvorbehalt im Auslandsschulgesetz müsse gestrichen werden. Zur nachhaltigen Außenpolitik gehören für sie auch bestmögliche Arbeitsbedingungen für die Lehrkräfte in den Auslandsschulen.

Alexander Lorz lobte die Leitlinien der Kultusministerkonferenz seit 2017, die die Arbeit als Lehrkraft oder Schulleitung im Ausland attraktiver gemacht hätten. Nach der Rückkehr seien die Perspektiven im inländischen Schulsystem nun besser. Gleichwohl seien mit der Verbesserung der Besoldung und beim Kindergeld noch weitere Aufgaben zu bewältigen.

Fortsetzung des Austausches zum Schulleiterdienstvertrag

Die zweite zentrale Podiumsdiskussion des Symposiums beschäftigte sich mit dem Dauerbrenner Schulleiterdienstvertrag, der bereits beim vorherigen Symposium ein wichtiges Thema war. Für den WDA waren wieder Peter Fornell, als Moderator, und David Nescholta Teil der Runde. Mit ihnen diskutierten Wilfried Auel (GEW/AGAL), Oliver Bientzle (Auswärtiges Amt), Thomas Mayer (KMK/BLASchA), Harald Pröm (Deutsche Botschaftsschule Teheran), Heike Toledo (ZfA) und Karlheinz Wecht (VdLiA).

Oliver Bientzle klärte auf, dass bei diesem Thema kein Stillstand herrsche. „Es gab in den letzten Wochen und Monaten sehr viel Diskussion dazu und auch viel Prüfen, in die Richtung: Was können wir tun, wie könnte sich das bewegen?“ Die Lage sei allerdings kompliziert und die Probleme müssten sorgsam angegangen werden, damit am Ende eine gute Lösung für alle Beteiligten herauskomme. Heike Toledo wünschte sich, das Kapitel bald abzuschließen und lud dazu ein, gemeinsam am großen Tisch konstruktiv zum Abschluss zu kommen.

Peter Fornell betonte später bei seinem Resümee des Symposiums: „Es ist wichtig, dass wir alle gemeinsam erkannt haben, dass der Schulleiterdienstvertrag ein zentrales Thema für uns bleibt. Alle Parteien müssen daran arbeiten, den Vertrag in eine Form zu überführen, die auch Konflikte besser beherrschbar macht.“

Umfrage zeigt: Guter Digitalisierungsstand bei Auslandsschulen

Während des WDA-Symposiums wurden erstmals Ergebnisse aus einer Studie vorgestellt, die der WDA gemeinsam mit dem Bündnis für Bildung (BfB) herausgibt, dem er angehört. Für den Weltverband der Auslandsschulen ist die Mitgliedschaft in diesem Netzwerk wichtig, weil das BfB viele Akteure unter seinem Dach vereint, die Digitales in der Bildung nach vorne bringen wollen: Kommunen, Bundesländer, Unternehmen aus der IT- und Bildungswirtschaft, Schulen, Bildungsinitiativen und -verbände. Das zeigt sich auch daran, wie die Umfrage durchgeführt wurde: Die Befragung wurde über die Plattform „schultransform“ organisiert – ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Projekt, das gemeinsam vom BfB und dem Verein Helliwood Media & education umgesetzt wird.

Die quantitative und qualitative Umfrage auf vier Kontinenten zeigt, dass die Deutschen Auslandsschulen bei der Digitalisierung im Durchschnitt etwas weiter sind als Schulen in Deutschland: Rund ein Viertel der Schulen haben ihr Zielbild für digitales Lehren und Lernen bereits vollständig erarbeitet. Fast die Hälfte gibt an, dass dies weitestgehend der Fall ist. Weniger Tage später wurden diese erfreulichen Erkenntnisse auch auf der Bildungsmesse didacta vorgestellt, die 2022 in Köln stattfand.

Dass die Auslandsschulen vergleichsweise gut digitalisiert sind, erklärt sich auch durch das konsequente Engagement des WDA als Dachverband. Er unterstützt seine Mitglieder unter anderem durch Kooperationen mit Partnern, die e-learning- und e-teaching-Angebote auf den Markt bringen. Maria Calzada de Neumann, die die Gründerin von SAP Young Thinkers, Christiane Bauer, vertrat, brachte in einem Impulsvortrag noch einmal die Zusammenarbeit zwischen SAP und dem WDA auf den Punkt, die im September 2021 offiziell wurde. Dadurch können alle Schulen, die im WDA organisiert sind, der SAP Young Thinkers Community beitreten und so verschiedene Lerninhalte und Lernformate nutzen, die auf digitales und mobiles Lernen zugeschnitten sind.

Solidarität mit der Deutschen Schule in Kiew

Eine ganz andere Dimension hat der Online-Unterricht seit Wochen für die Deutsche Schule in Kiew. „Es hat nicht einen Tag gegeben, an dem wir nicht online unterrichtet haben, selbst aus Bunkern heraus haben die Kolleginnen und Kollegen weitergemacht“, berichtete ein stolzer und gerührter Schulleiter Gerald Miebs im Rahmen der Tagung. Er bedankte sich beim Verband für die Unterstützung in diesen dramatischen Kriegszeiten. „Das Netzwerk des WDA und überhaupt des deutschen Auslandsschulwesens hat unser Schule getragen – nicht allein mit Geld, sondern mit seinen Grußworten, mit seinen Kontakten, mit seiner Solidarität“, so Miebs. Durch das unbürokratisch mit Unterstützung des WDA eingerichtete Spendenkonto sei in kurzer Zeit viel Geld zusammengekommen, dass unmittelbar weiterhelfe. Die Anteilnahme, die einfachen Gesten und die konkreten Hilfsangebote im Netzwerk seien emotional und psychologisch sehr wichtig gewesen. „Dafür sind wir Ihnen allen, der Solidargemeinschaft der Deutschen Auslandsschulen unendlich dankbar“, sagte Olga Kovalchuk, ukrainische Schuleiterin der Deutschen Schule Kiew, in ihrem bewegendem Statement. „Und deswegen stehen wir beiden hier, um danke zu sagen.“

Ein so dramatisches Thema wie den Krieg in das Programm und die Stimmung eines Symposiums zu integrieren, war für den WDA zentral. Der Verband bleibt natürlich weiter engagiert und tut alles Menschenmögliche, um die Kollegen in Kiew zu unterstützen.

Zum Abschluss des eintägigen Symposiums stand die Vernetzung mit Institutionen aus der Politik im Vordergrund. Oliver Bientzle, Referatsleiter Auslandsschulen, sowie Matthias Kiesler, Referat PASCH und Deutsches Sprachdiplom, vom Auswärtigen Amt gehörten dem „Austausch mit den fördernden Stellen“ ebenso an wie zwei wichtige Ansprechpartner der Länder: der für das Auslandsschulwesen zuständige Burghard Ahnfeldt vom Sekretariat der Kultusministerkonferenz und Thomas Mayer, der neben der KMK auch den Bund-Länder-Ausschuss für schulische Arbeit im Ausland vertrat. Für die Zentralstelle des Auslandsschulwesen (ZfA) und deren Perspektive war ZfA-Leiterin Heike Toledo mit in der Runde. Peter Fornell betonte im Nachgang noch einmal die Qualität der Treffen und Diskussion vor Ort in Berlin. Er freute sich aber auch über den Beitrag per Webkonferenz von WDA-Schirmherr Thomas Erndl. Dieser habe auch aus der Ferne deutlich gemacht, dass er sich ernsthaft für die Auslandsschulen einsetzen werde.

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