Vor rund 140 Gästen eröffnete Christian Wulff, Bundespräsident a.D. und Vorsitzender der Deutschlandstiftung Integration, das diesjährige Symposium des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen (WDA) mit einer Keynote. Darin betonte er, dass die Deutschen Schulen im Ausland eines der großartigsten außenpolitischen Instrumente seien, die Deutschland überhaupt habe. Die Auslandsschulen würden Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft, Sprache, Hautfarbe und Religion verbinden. Damit bauten sie Brücken zwischen Nationen und Kontinenten. Das Zusammenleben unterschiedlicher Ethnien, Schichten und Religionen an den Auslandsschulen sei seit Jahrzehnten absolute Normalität, so Wulff. Dies sei für ihn ein Vorbild für Deutschland. „Jeder Euro, der bei Ihnen investiert wird, hilft Gesellschaften, in einen fruchtbaren Austausch zu treten“, resümmierte Wulff.
Exportorientierter Mittelstand baut auf Deutsche Auslandsschulen
Ein Aspekt, den er in der bisherigen Debatte um das deutsche Auslandsschulwesen noch nicht genug gewürdigt sieht, ist der Nutzen der Schulen für den deutschen Mittelstand. Die exportorientierten deutschen Mittelständler könnten auch deshalb so gut in der Welt vertreten sein, „weil sie auch führende Mitarbeiter gewinnen können, deren Kinder bei ihnen [den Deutschen Auslandsschulen, d.R.] gut beschult werden.“ Die Verbindung zwischen Mittelstand und dem flankierenden Auslandsschulwesen sei immens und bis jetzt noch nicht richtig gewürdigt worden.
Auf dem mittlerweile siebten Symposium des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen diskutierten am 6. Juni 2019 im Auditorium Friedrichstraße in Berlin Politiker, Schulvertreter und Bildungsexperten die Zukunft des Deutschen Auslandsschulwesens. Unter dem Motto „Werte vermitteln – Fachkräfte bilden. Deutsche Auslandsschulen als Leuchttürme in unsicheren Zeiten“ bestimmten Fragen um gesetzliche Rahmenbedingungen, Lehrergewinnung und Werte an den Deutschen Auslandsschulen die Debatte.
Müntefering: Auslandsschulgesetz kommt auf den Prüfstand
Eröffnet wurde der politische Teil des Tages durch die Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, Michelle Müntefering. In ihrer Rede lobte sie explizit das ehrenamtliche Engagement der Vorstände der Deutschen Auslandsschulen: „Ohne dieses Engagement könnte es unsere Auslandsschulen in dieser Form schlicht nicht geben“. In Zeiten von zunehmender Nationalisierung und wirtschaftlichem Protektionismus machten die Deutschen Auslandsschulen Mut. Denn sie seien keine abgeschotteten deutschen Inseln in der Fremde, sondern Orte des Miteinanders. Sie unterstrich, dass die Auslandsschulen Deutschland deutlich mehr nutzten, als sie kosteten und sicherte daher auch die weitere Förderung der Schulen durch die Bundesregierung zu.
Für das zweite Halbjahr 2019 kündigte sie eine Evaluation des Auslandsschulgesetzes an. Es ist seit fünf Jahren in Kraft, „Jetzt ist die richtige Zeit, um sich intensiv mit seinen Wirkungen zu befassen und gegebenenfalls umzusteuern, sollten sich Fehlentwicklungen herauskristallisieren“, so Müntefering. Sie bedankte sich bei den vielen anwesenden ehrenamtlichen Schulvorständen für ihre Arbeit. Zur Zusammenarbeit mit dem WDA sagte sie: „Für das gesamte Auswärtige Amt kann ich Ihnen versichern: Auf dieser Basis werden WDA und Auswärtiges Amt auch in Zukunft gut zusammenarbeiten. Sie [der WDA, d.R.] werden gebraucht.“ Insbesondere dankte sie Detlef Ernst, für den es das letzte WDA-Symposium als WDA-Vorstandsvorsitzender war. „Sie haben in ihrer Amtszeit den WDA geprägt, ihn modern aufgestellt und viele zusätzliche Mitglieder gewonnen. Der WDA und das Auswärtige A
mt haben während Ihrer Amtszeit gut zusammengearbeitet“, schloss Müntefering ihre Würdigung.
Haushaltsvorbehalt im Auslandsschulgesetz soll fallen
An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen auch die Bundestagsabgeordneten Ulla Schmidt (SPD) und Frank Müller-Rosentritt (FDP) teil. Beide sind Obleute für ihre Parteien im Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik des Deutschen Bundestags. Ulla Schmidt unterstrich, dass die Deutschen Auslandsschulen ein ganz wichtiger Bereich in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik seien. Ein Viertel des Haushalts für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik geht ihren Angaben zufolge an die Deutschen Auslandsschulen. Sie machte sich für eine Änderung des Auslandsschulgesetzes stark. „Ich halte es für falsch, dass wir im Auslandsschulgesetz einen Haushaltsvorbehalt haben. Für deutsche Schulen haben wir auch keinen Haushaltsvorbehalt. Alle Schulen, die die Bedingungen erfüllen, müssen den rechtlichen Anspruch auf Förderung bekommen“, so Schmidt.
Auch im Bundesbesoldungsgesetz sieht sie Änderungsbedarf. Schulleiter an Auslandsschulen sollten finanziell nicht schlechter gestellt sein als Missionare oder Stiftungs- und Botschaftsmitarbeiter. Mit einem unorthodoxen Vorschlag brachte sie Bewegung in die Debatte um Lehrerversorgung an den Deutschen Auslandsschulen: „Jeder Lehrer aus Deutschland müsste eigentlich für eine bestimmte Zeit ins Ausland geschickt werden, damit Deutschland von diesen interkulturellen Erfahrungen profitieren kann“, regte Schmidt an.
Deutschland soll selbstbewusster mit seinen Auslandsschulen umgehen
Frank Müller-Rosentritt ergänzte, dass Deutsche Auslandsschulen verstärkt als Chancenschulen positioniert werden sollten. Damit meinte er, dass die deutschen Auslandsschulen von den ansässigen Eltern in den einzelnen Ländern als so attraktiv gesehen werden müssten, dass sie ihre Kinder vor allem dort unterbringen möchten. Im Vergleich zu den Auslandsschulsystemen anderer europäischer Länder riet er: „Wir in Deutschland sollten selbstbewusster mit unseren Auslandsschulen umgehen.“
Der WDA-Vorstandsvorsitzende Detlef Ernst verwies in seiner Begrüßung auf das gemeinsame Ziel von fördernden Stellen und freien Schulträgern, die Deutschen Auslandsschulen in höchster Qualität zu erhalten und weiterzuentwickeln. Das System der öffentlich-privaten Partnerschaft habe sich bewährt. Er wies darauf hin, dass diese Partnerschaft nicht von oben verordnet werden könne, sondern an der Basis gelebt werden müsse. „An dieser Partnerschaft muss kontinuierlich gearbeitet werden und hinter dieser gemeinsamen Identität steht ein gemeinsames Leitbild, gegenseitiger Respekt, die Fähigkeit zum Diskurs und intensivem Austausch auf Augenhöhe“, so Detlef Ernst.
Öffentlich-private Partnerschaft muss an der Basis gelebt werden
Als aktuelle Schwerpunkte des WDA bei der politischen Interessenvertretung nannte er die intensive Begleitung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes und die Evaluation des Auslandsschulgesetzes. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz stand kurz darauf zur Abstimmung im Bundestag. Der WDA hatte sich in Anhörungen und mit einem eigenen Positionspapier für die stärkere Würdigung des Potenzials der Deutschen Auslandsschulen stark gemacht. Der im Parlament angenommene Gesetzentwurf greift diese Initiative auf und erleichtert künftig explizit den Absolventen der Deutschen Auslandsschulen die Suche von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen in Deutschland in erheblichem Maße.
Für die Ende des Jahres anstehende zweite Evaluation des Auslandsschulgesetzes habe sich der WDA bereits Mitte Mai mit dem Auswärtigen Amt ausgetauscht. Der interne Prozess zur Meinungsbildung mit den Mitgliedern sei angelaufen und würde in ein gebündeltes Positionspapier der WDA-Mitglieder münden, so Ernst.
Dr. Peter Fornell: Versorgungszuschlag jetzt endlich lösen
Der stellvertretende WDA-Vorsitzende Dr. Peter Fornell äußerte einer Podiumsdiskussion den Wunsch, dass das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz generell die Visavergabe an Absolventen Deutscher Auslandsschulen aus Nicht-EU-Ländern vereinfache und vereinheitlichen sollte. An die Adresse der anwesenden Bundestagsabgeordneten richtete der noch einmal die Mahnung, das Thema des Versorgungszuschlags für verbeamtete Ortslehrkräfte nun endlich zu lösen.
Die anwesenden Vorstände der Deutschen Auslandsschulen nutzten das WDA-Symposium zum intensiven Austausch mit Politik, fördernden Stellen und auch untereinander. Der Informationsfluss zu den fördernden Stellen war durch die Anwesenheit von Heike Toledo (Leiterin der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen), Dorothée Bauni (Bund-Länder-Ausschuss für schulische Arbeit im Ausland) und Burghard Ahnfeldt (Kultusministerkonferenz) gegeben. Für den Direktorenbeirat der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen nahm Almut Hennings (Peking) teil. Die meisten Schulvertreter verbrachten noch die folgenden zwei Tage in Berlin, um an der jährlichen Mitgliederversammlung des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen teilzunehmen.
Weitere Informationen
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