An der Tagung nahmen rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Europa teil. Vertreten waren 25 freie Träger Deutscher Auslandsschulen in Europa – von der Deutschen Schule Helsinki im Norden bis zur Deutschen Schule Athen im Süden. Die Europatagung des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen (WDA) bietet traditionell die Plattform für den Austausch der Schulen untereinander. Mindestens genauso bedeutsam ist der Dialog mit den Vertretern der fördernden Stellen aus Deutschland.
KMK-Vorsitzender Prof. Dr. Lorz begrüßt die Teilnehmer
Eine besondere Ehre war die Teilnahme von Prof. Dr. R. Alexander Lorz, Präsident der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK). Er eröffnete das Symposium am 15. November mit einem Grußwort und nahm anschließend an einer Podiumsdiskussion zum Erwerb der Bildungssprache Deutsch teil. „Das Beherrschen der Bildungssprache Deutsch ist die wesentliche Voraussetzung für den schulischen Erfolg. Ich bin dem WDA sehr dankbar dafür, dass er das Thema auch zu einem Schwerpunkt seiner Europatagung gemacht hat.“ Darüber hinaus unterstrich er die zentrale Bedeutung der Lehrergewinnung. „Wir wissen, dass wir dafür sorgen müssen, dass die Deutschen Auslandsschulen ihre Mission erfüllen können.“ Die Entscheidung des Bundestages zum Versorgungszuschlag sei bahnbrechend. Dabei würdigte er die Lobbyarbeit des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen (WDA) als sehr effektiv und gratulierte dazu.
WDA fordert Einbindung aller Seiten beim Qualitätsrahmen
Dr. Peter Fornell, Vorstandsvorsitzender des WDA, betonte in seiner Begrüßung noch einmal ausdrücklich, dass sich der Verband uneingeschränkt zur Erstellung des Orientierungsrahmens Qualität bekennt. Dieser Orientierungsrahmen wird derzeit durch die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) entwickelt und soll an allen deutschen Auslandsschulen ein annähernd gleiches Qualitätsniveau im Schulmanagement sicherstellen. Gleichzeitig könne ein solches Qualitätsmanagement nur erfolgreich sein, wenn es die bestehenden vielfältigen Strukturen an den Deutschen Auslandsschulen berücksichtigt und von Schulträgern, Schulleitungen, Verwaltungsleitungen und den fördernden Stellen gleichermaßen akzeptiert wird. „Die organisatorische und operative Vielfalt der Deutschen Auslandsschulen sind eine grundsätzliche Stärke dieses Schulsystems. Die Akzeptanz der dezentralen Eigenverantwortung und des dezentralen Schulmanagements sollten die Leitplanken des Qualitätsverständnisses sein“, so Dr. Fornell weiter. Deshalb erwarte der WDA, dass noch bis Ende des Jahres 2019 in Zusammenarbeit der verantwortlichen Gremien – Direktorenbeirat, Verwaltungsleiterbeirat, Vorständebeirat und Zentralstelle für das Auslandsschulwesen eine Lösung im Konsens gefunden wird. Der Weg dorthin bestehe im Dialog: „Nur das konstruktive und regelmäßige Gespräch mit den fördernden Stellen und den Parlamentariern von Bund und Ländern kann die Anliegen des WDA zum Wohle der Mitgliedsschulen erfolgreich voranbringen“, fasste Dr. Fornell zusammen.
Austausch mit fördernden Stellen und Beiräten
Die fördernden Stellen waren wie in den Vorjahren prominent vertreten. Das Auswärtige Amt vertrat Guido Kemmerling, Leiter des Referats „Auslandsschulen“. Die Bundesländer wurden durch Dorothée Bauni vertreten. Sie ist Ländervorsitzende des Bund-Länder-Ausschusses für schulische Arbeit im Ausland (BLASchA). Heike Toledo, Leiterin der ZfA, Peter Dicke, Ständiger Vertreter der Leiterin der ZfA und Burghard Ahnfeldt, Referatsleitung der KMK waren ebenfalls der Einladung des WDA gefolgt. Um einen optimalen Informationsaustausch zu gewährleisten, hatte der WDA auch Vertreter der drei von der ZfA ins Leben gerufenen Beiräte eingeladen. Den Direktorenbeirat vertrat Axel Brott, Schulleiter der Deutschen Schule Istanbul, für den Vorständebeirat war Barbara Geilen vor Ort, Internationale Deutsche Schule Brüssel, für den Verwaltungsleiterbeirat Evelyn Diesterheft, Deutsche Schule Toulouse. Der WDA-Vorstand war durch Dr. Fornell, Gabriele Bunzel Khalil, Friederike Gribkowsky, Ludwig Johannsen, Heilke Daun (auch Mitglied des Vorständebeirats) und David Nescholta (auch Sprecher des Vorständebeirats) vertreten. WDA-Vorstand und Vorständebeirat hatten sich im Vorfeld in einer Sitzung entsprechend der Beschlüsse der WDA-Mitgliederversammlung 2019 eng abgestimmt.
Bundestagsbeschluss fordert Flexibilität im Schulmanagement
Anknüpfend an die Diskussion zum Orientierungsrahmen anlässlich der WDA-Amerikatagung in Medellín wurde der Austauschprozess zur Governance und dem Schulleiterdienstvertrag mit Vorständen, Schulleitern und Verwaltungsleitern auf der Europatagung in Genua fortgesetzt. Im Rahmen des Beschlusses zur Stärkung der Deutschen Auslandsschulen forderte der Bundestag am 7. November 2019 die Bundesregierung auf, „die Qualität der öffentlich-privaten Partnerschaft weiter zu verbessern und flexible, auf die Lage der jeweiligen Schule angepasste Lösungen für das arbeitsteilige Management von Schulvorstand und Schulleitung anzustreben und eine weitere Professionalisierung des Schulmanagements auch durch Aufgabentrennung zu ermöglichen.“ Mit diesem Beschluss des Bundestages wurden die Interessen der Schulträger, die im Beschluss der WDA-Mitgliederversammlung festgehalten wurden, bestätigt.
WDA-Mitglieder wünschen Klarheit über Konsequenzen des Qualitätsrahmens
Die WDA-Mitglieder betonten, dass es ihnen beim Orientierungsrahmen Qualität der ZfA vor allem um einen transparenten Prozess und eine offene Beteiligung der Schulträger geht. Ferner stellten sie die rechtliche Position des Schulträgers als Haftender und Arbeitgeber erneut heraus. Daran anknüpfend bewegt die Schulträger die Frage, ob und wie die Qualitätskriterien verbindlich seien und ob förderrechtliche Konsequenzen zu befürchten seien. Die Schulleiter betonten die entscheidende Bedeutung der menschlichen Zusammenarbeit an den Schnittstellen. Die Verwaltungsleiter hoben die Notwendigkeit der Aufgabenteilung hervor.
In der Podiumsdiskussion unterstrich Frau Toledo (ZfA) die Bereitschaft, den Charakter des Qualitätsrahmens als Orientierung zu stärken. Die Benennung von Kriterien als verbindlich sollte nochmals überprüft und herausgenommen werden. Der Verweis auf den Schulleiterdienstvertrag soll durch den Zusatz „aktuellste Version“ eine spätere konsensuale Anpassung ermöglichen.
Funktionendiagramm in Qualitätsrahmen übernommen
Das Funktionendiagramm als Methode wurde bei der Europatagung mit den fördernden Stellen, den Schulträgern, Schulleitern und Verwaltungsleitern diskutiert. Alle Teilnehmer erhielten eine theoretische Einführung und einen Einblick in die praktische Umsetzung mit jeweils praktischen Beispielen. Dabei erläuterte die Schule aus St. Petersburg ihre Erfahrungen mit der Umsetzung.
Das Funktionendiagramm zeigt in übersichtlicher Form (Matrix), welche Organe, Stellen oder Personen bei der Lösung einzelner Aufgaben oder Aufgabenkomplexe funktional mitwirken. Es veranschaulicht damit die Entscheidungs- und Mitwirkungs-Kompetenzen sowie die Rechte und Pflichten der beteiligten Organe und Stellen. Es kann damit wesentlich zur Entwicklung der reibungslosen Zusammenarbeit insbesondere von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Organen/Stellen eingesetzt werden. Das Funktionendiagramm als Methode ist Teil des Freiburger Management Modells für gemeinnützige Organisationen, dessen Träger das Verbandsmanagement Institut (VMI) in Fribourg/Schweiz ist. Der WDA hat es in den letzten zwei Jahren in Kooperation mit dem VMI wiederholt vorgestellt. Das Funktionendiagramm hat jetzt als Instrument Eingang in die aktuelle Version des Orientierungsrahmen für die Qualität Deutscher Auslandsschulen gefunden.
Netzwerkentwicklung und Partizipation
Im Rahmen des internen Teils der Tagung hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, sich in die Verbandsentwicklung einzubringen. Zunächst stellte der WDA den Status der aktuellen Arbeit insbesondere im Bereich der Interessenvertretung dar. Im Anschluss arbeiteten die Teilnehmer in Kleingruppen sehr intensiv an unterschiedlichen Themen wie z.B. dem Qualitätsrahmen, Digitalisierung, der Zusammenarbeit mit dem Vorständebeirat sowie den Kindergärten als integraler Bestandteil Deutscher Auslandsschulen. Die Teilnehmer diskutierten rege und tauschten ihre vielfältigen Erfahrungen aus. Die Arbeit der Gruppen soll auch über die Europatagung hinaus fortgeführt werden.
Der Gastgeber der WDA-Europatagung, die Deutsche Schule Genua, feiert in diesem Jahr ihr 150. Jubiläum. Sie ist damit die älteste deutsche Schule Italiens. Aus diesem Anlass veranstaltete sie am 16. November eine Jubiläumsfeier, die gleichzeitig den festlichen Rahmen für den Abschluss der Europatagung bot. Auch dieser Festakt wurde durch Prof. Dr. Lorz (KMK) eröffnet. Vor der versammelten Schulgemeinschaft, den Teilnehmern der WDA-Europatagung und Ehrengästen wie dem deutschen Generalkonsul in Mailand, Claus Robert Krumrei, hielt er eine eindrückliche Rede zur Bildungssprache Deutsch. Anschließend kamen die Teilnehmer der Tagung in den Genuss eines beeindruckenden klassischen Konzertes mit professionellen Musikern und Schülern der Schule.
Die nächste WDA-Europatagung findet im Oktober 2020 an der Deutschen Schule Athen statt.