Rückblick WDA-Tagung 2013: Auslandsschulgesetz im Zentrum

Das diesjährige Symposium des Weltverbandes Deutscher Auslandsschulen (WDA), das am Freitag unter dem Motto "10 Jahre WDA - Verantwortung tragen für Deutschland" in der Berliner Akademie der Künste stattfand, wurde vor allem von Diskussionen um das im März vom Kabinett verabschiedete Auslandsschulgesetz dominiert. Dabei kritisieren die vom WDA vertretenen freien und gemeinnützigen Schulträger sowie weitere namhafte Vertreter des Auslandsschulwesens, dass das angestrebte Kernziel der finanziellen Planungssicherheit, die durch das Gesetz geschaffen werden soll, mit dem jetzigen Entwurf für nur knapp ein Drittel der insgesamt 141 Auslandsschulen erreicht würde. Im Rahmen von insgesamt vier Podiumsdiskussionen tauschten sich Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Bildung und Kultur zu Themen wie Fachkräftesicherung, Willkommenskultur oder Bildungsexporten aus. Informativ und mit nicht nur angenehmen Fragen im Gepäck führte, wie auch in den vergangenen Jahren, der WDR-Moderator Michael Brocker sicher und gekonnt durch das Programm. Im Rahmen der Mitgliederversammlung wurde die Grundlage für die weitere Entwicklung des WDA gelegt und am Workshoptag die Arbeit an gemeinsamen Themen und an der konstruktiv-kritischen Zusammenarbeit mit den fördernden Stellen vorangetrieben. Schließlich blieb auch noch Zeit das 10-jährige Bestehen des WDA feierlich zu begehen.

Foto Florentine Sievers
Von links nach rechts: Dr. Tobias Funk (KMK Sekretariat), Detlef Ernst (Vorstand WDA), Cornelia Pieper (Staatsministerin AA), Thomas Brocker (Moderator), Angelika Krüger-Leißner (UAKBP) und Klaus Brandner (Haushaltsausschuss)

MdB Dr. Thomas Feist (CDU), der den erkrankten Peter Gauweiler (CSU) mit einer Ansprache vertrat, offerierte den Anwesenden im sehr gut gefüllten Plenarsaal der Akademie der Künste einen klaren Vorschlag, mit dem der zuständige Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik dem Hauptkritikpunkt am derzeitigen Entwurf begegnet: Ist bisher vorgesehen, die gesetzlich verankerte Förderung nur Schulen zu gewähren, die jährlich 20 Abschlüsse oder mehr vorweisen, soll dies möglichst auf fünf Abschlüsse reduziert werden.

In der zentralen dritten Podiumsdiskussion mit dem Titel: “Deutsche Auslandsschulen – Bildung für die Zukunft“ betonte Staatsministerin Cornelia Pieper, die den Entwurf in den Bundestag eingebracht hatte, ihr Ziel, dass das Auslandsschulgesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird. Dabei ging sie zwar auch auf Probleme bei der Koordination mit den Ländern ein, nahm den Entwurf dann aber als Beispiel dafür, wie gut Bund und Länder in punkto Bildung kooperieren können. Vor allem Klaus Brandner (SPD) vom Haushaltsausschuss aber bremste ihre Hoffnung. Er machte deutlich, dass Klarheit darüber bestehen müsse, dass das Auslandsschulgesetz sich mittel- oder langfristig nicht zusätzlich belastend auf den Bundeshaushalt auswirken dürfe. Um dies sicherzustellen müsse zunächst – wie in Gesetzgebungsverfahren üblich – ein Expertenkomitee angehört werden. Detlef Ernst, Vorstandsvorsitzender des WDA, bat Brandner daraufhin ausdrücklich, die nötigen Aussprachen vorzuziehen, um eine Verabschiedung des Gesetzes noch vor der Sommerpause zu ermöglichen.

„Ich hoffe sehr, dass wir in dieser Legislaturperiode das Gesetz verabschieden können.“ (Cornelia Pieper, Staatsministerin Auswärtiges Amt)

Angelika Krüger-Leißner von der SPD-Fraktion versuchte indes, die Sorgen der Haushälter zu beruhigen. Gerade mit Blick auf die finanzielle Situation des Bundes, die sich durch die Schuldenbremse noch einmal verschärfe, verstehe sie die Sorgen der Haushälter. Sie stellte aber klar: „Man muss schauen, wie man das Gesetz finanziert, aber die Schulen bekommen nach dem Zuwendungsrecht sowieso Geld, und zwar alle Schulen, deswegen sollten sich die Sorgen der Haushälter in Grenzen halten.“ Frau Pieper spezifizierte dies im weiteren Verlauf wie folgt: „Egal was entschieden wird, das Geld ist im Haushalt bereits eingestellt!“ und verwies darauf, dass auch bei Scheitern des Gesetzes die Schulen nach dem Zuwendungsrecht weiter gefördert würden. Dr. Tobias Funk von der Kultusministerkonferenz, der als Vertreter der Länder sprach, betonte, dass die Länder am Rande der Auslandsschulfinanzierung stünden. Staatsministerin Pieper hatte zuvor Kritik daran geäußert, dass die Länder den Versorgungszuschlag für die Auslandsdienstlehrkräfte nicht mehr tragen wollten und dieser nun hälftig aus dem Budget des Auswärtigen Amtes finanziert würde. Detelf Ernst betonte diesbezüglich, dass Ortslehrkräfte, die derzeit im Gesetz nicht berücksichtigt sind, mitunter Versorgungszuschläge an die Länder zurückerstatten müssten. Herr Funk erklärte dies damit, dass die Haushälter der Länder lediglich Regelungen treffen wollten, die anderen Regelungen der Ländern gleichen, äußerte sich weiter aber nicht dazu.
Bereits im Rahmen der ersten parlamentarischen Lesung im Bundestag am 19. April forderten Politiker aller Parteien Nachbesserungen im Entwurf von Staatsministerin Pieper und stellten die Bedeutung der Auslandsschulen für Wirtschaft, Außenpolitik und den interkulturellen Austausch heraus. Parlamentarier und Experten versichern dabei nachdrücklich, dass eine gesetzlich verankerte Förderung haushaltsneutral ist, für den Bund also keine Mehrkosten entstehen.

Bildungsexporte, Fachkräftesicherung und Willkommenskultur: WDA-Symposium setzt auf Themenvielfalt

Auch im Rahmen der weiteren drei Debatten konnten sich die ca. 170 Zuschauer des Symposiums ein aktuelles Bild vom Auslandsschulwesen machen. Die erste Runde widmete sich mit dem Thema „Die Bedeutung Deutscher Bildungsexporte“ vor allem dem wirtschaftlichen Potenzial der Deutschen Auslandsschulen. Neben den Teilnehmern aus Wirtschaft, Politik und Bildung war außerdem der prominente Spiegel-Journalist und Ägyptenexperte Volkhard Windfuhr zugegen, der zuvor die Laudatio hielt.

„Deutschland ist ein Land ohne Rohstoffe und muss sich mit seinen Angeboten aus Bildung und Wirtschaft entsprechend präsentieren. Wissenschaft, Politik, Bildung und Wirtschaft müssen Hand in Hand arbeiten.“ Reinhard Koslitz (Didacta-Verband)

Tenor der Debatte war der Nutzen der Auslandsschulen für die Deutsche Wirtschaft. Man war sich einig darüber, dass die Präsenz einer Deutschen Schule die Standortattraktivität für Unternehmer und Investoren deutlich erhöhe – sowohl bildungstechnisch als auch auf einer soziokulturellen Ebene. Im Verlauf der Debatte stellte sich außerdem heraus, dass sich vor allem das duale Ausbildungssystem als wichtiges Exportgut erwiesen habe, aber auch, dass sich Politik, Bildung und Wirtschaft besser vernetzen müssen. Ebenfalls stimmte man darüber ein, dass man nicht genug in Bildung und Forschung investieren könne.
Die zweite Debatte sprach mit dem Thema „Demographiewandel und Fachkräftesicherung – Maßnahmen zur Umsetzung an den deutschen Auslandsschulen“ vor allem innenpolitische Fragen an. Dabei wurde auch hier das Potenzial der Deutschen Auslandsschulen und der DSD-Schulen zur Fachkräfteakquise betont. Kritisch äußerte man sich zum Thema „Brain Drain,“ also dem Fachkräfteschwund in Bezug auf die Sitzländer. Man stellte fest, dass sich die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik nicht auf das Thema Fachkräftesicherung reduzieren dürfe und dass die Arbeit der Deutschen Auslandsschulen eine Win-Win-Situation sowohl für die Bundesrepublik als auch für das Sitzland bringen müsse.

„Schüler aus Mexiko kommen nach Deutschland. Sie erleben das Land und bilden ihre Bi-Kulturalität aus. Sie werden Freunde von Deutschland.“ (Rudolf Kumbolder, WDA-Vorstand, Deutsche Schule Mexiko)

Dabei sei primär wichtig, den Schülerinnen und Schülern ein stabiles Bildungsfundament zu bieten, um selbst zu entscheiden, was und wo sie studieren bzw. arbeiten wollen.
Die letzte Podiumsdiskussion befasste sich unter dem Titel „Willkommenskultur in Deutschland beginnt im Ausland“ mit der Frage, ob potenzielle ausländische Fachkräfte in der BRD geeignete Rahmenbedingungen vorfinden, um sich niederzulassen. Dabei wurden vor allem jene Verwaltungsstrukturen kritisch beäugt – beispielsweise Hürden bei der Vergabe von Studienvisa oder das Zulassungsverfahren der deutschen Universitäten – die einen Umzug (primär) von Nicht-EU-Bürgern häufig schwierig gestalten. Dabei wurde gefordert, den Schülerinnen und Schülern Deutscher Auslandsschulen aufgrund ihres starken Bezugs zur Bundesrepublik den Weg nach Deutschland so einfach wie möglich zu machen.

„Die Kinder an unseren Schulen tragen Deutschland im Herzen.“ (Martina Spann, Stellv. Vorsitzende WDA, Deutsche Schule Málaga)

Klar gestellt wurde auch, dass ausländische Fachkräfte wichtig für den deutschen Arbeitsmarkt seien, da der Wirtschaftsstandort Deutschland gestärkt würde. Dabei stelle sich häufig die Frage, wie für diese ausländische n Fachkräfte Fairness und Chancengleichheit z.B. auf dem Wohnungsmarkt hergestellt werden könne. Anschließend verwiesen die Teilnehmer aber auch darauf, dass Multinationalität gerade in den deutschen Metropolen bereits zum Alltag gehöre und das Leben aller bereichere. Hartmut Koschyk, Vorsitzender des Vereins für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland und parlamentarischer Staatsekretär im Bundesfinanzministerium, nahm sich schließlich des Problems an, dass Schüler deutscher Auslandsschulen derzeit mit veränderten Visa-Bedingunen konfrontiert sind, wodurch der Schüleraustausch nach Deutschland gefährdet ist.

starkes Netzwerk

Zwischen den Podiumsdiskussionen stellten Rebecca Ottmann von der Siemensstiftung, Moritz Eckert von Betterplace.org und Prof. Dr. Barbara Burckhardt-Reich vom Wettbewerb „Jungend gründet“ den Zuschauern Projekte vor, die auch für die Deutschen Auslandsschulen von Nutzen sein könnten. Frau Ottmann berichtete von „Experimento,“ einer Initiative der Siemensstiftung, die vor allem darauf ausgerichtet ist, Schülerinnen und Schülern in Entwicklungsländern an die MINT-Fächer heranzuführen, wobei primär eine Stabilisierung regionaler Strukturen beabsichtigt wird. Diesbezüglich arbeitet die Stiftung bereits erfolgreich mit einer Reihe Deutscher Auslandsschulen zusammen.
Moritz Eckert offerierte den Zuschauern mit der Spendenplattform betterplace.org eine Möglichkeit, Projekte auf seiner Seite zu präsentieren und über Spenden finanzieren zu lassen. Er stellte dabei klar, dass es sich bei Betterplace.org um eine Nonprofit-Organisation handle, die darauf ausgerichtet ist, auf transparente Art und Weise Gelder zur Realisierung von Projekten aufzutreiben, die von den herkömmlichen Fördermechanismen in der Regel nicht erfasst würden.
Auch Prof. Dr. Barbara Burckhardt-Reich lud die Deutschen Auslandsschulen dazu ein, sich beim Online-Wettbewerb „Jugend gründet“ zu beteiligen. Die Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung prämiert innovative Geschäftsideen und ermöglicht den Teilnehmern sich mit den konkreten Fragen einer Unternehmensgründung auseinanderzusetzen.

10 Jahre WDA – die Jubiläumsfeierlichkeiten

Am Vorabend des Symposiums, am 25.04.2013, trafen sich Botschafter der Sitzländer, Mitglieder der Parlamentariergruppen, Länderreferenten und Vertreter der Mitgliedsschulen zu einem Netzwerkabend in der Mexikanischen Botschaft in Berlin, um gemeinsam die Feierlichkeiten zum 10-jährigen Jubiläum des anlässlich des ersten Weltkongresses Deutscher Auslandsschulen in Mexiko City 2003 gegründeten WDA zu eröffnen. Gastgeber S. E. Francisco N. Gonzáles Díaz, Botschafter der Vereinigten Mexikanischen Staaten und Alumnus der Deutschen Schule in Mexiko City und der Vorstandsvorsitzende des WDA, Detlef Ernst, begrüßten gemeinsam die Gäste aus aller Welt zur Auftaktveranstaltung der vier Tage umfassenden WDA-Tagung.

Unter dem Motto „Kompetenz aus Vielfalt, Gemeinsamkeit als Stärke“ folgte am nächsten Tag im Anschluss an das Symposium die Jubiläumsfeier des WDA im Ramada Hotel am Alexanderplatz Berlin. Die Journalistin Ana Plasencia und Alumna der Deutschen Schule Teneriffa führte durch den Abend. Im Interview mit dem Gründungs- und Ehrenvorsitzenden Jorge Pulido und dem aktuellen Vorstandsvorsitzender des WDA Detlef Ernst wurde gemeinsam auf die Geschichte des WDA zurückgeblickt und die Zukunft diskutiert. Herr Ernst äußerte sich noch einmal zum Auslandsschulgesetz: „Wir geben nicht auf und glauben, dass das Gesetz kommt.“ Auch die Aussage von Herrn Pulido: „Um deutsche Schulen zu bauen, brauchen wir deutsche Lehrer.“, stieß auf breite Zustimmung beim Publikum. Vorher wurden unter großem Applaus die Beiträge des Wettbewerbs „Mal deine Schule“ vorgestellt, an dem sich zahlreiche Schüler der ersten bis dritten Klasse von Deutschen Auslandsschulen beteiligt hatten.

Mitgliederversammlung legt Grundlagen für weitere Entwicklung

Über 100 Vertreter aus 80 Mitgliedsschulen trafen sich am 27.04. im Ramada Hotel am Alexanderplatz zur Mitgliederversammlung des WDA. Im Rahmen von Vorstandswahlen wurde der Vorsitzende Detlef Ernst (DS Shanghai), die stellvertretende Vorsitzende Martina Spann (DS in der Provinz Málaga) sowie Schriftführer Rudolf Kumbolder (DS Mexiko) im Amt bestätigt. Für Klaus-Dieter Klein, der auf eigenen Wunsch aus dem Vorstand ausschied, wurde Dr. Peter Fornell (DS Toulouse) neu in den Vorstand gewählt. Darüber hinaus verabschiedete der WDA eine Satzungsänderung, die die Konsolidierung des Verbandes weiter vorantreibt. Weitere Schwerpunkte der Versammlung waren die Weiterentwicklung der Verbandsdienstleistungen, wie z.B. der Start der Lernplattform w-da.net, die Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes sowie die Diskussion rund um die aktuellen Ereignisse beim Auslandsschulgesetz. Nach einer produktiven und ergebnisreichen Mitgliederversammlung feierten die WDA-Mitglieder am Abend die gemeinsamen Erfolge bei einer Bootsfahrt auf der Spree.

erstmalig gemeinsamer Workshoptag von WDA und ZfA im Bundeshaus Berlin

Am Sonntag führten die Schulträger den kritisch-konstruktiven Dialog mit den fördernden Stellen bei einer Veranstaltung der ZfA im Bundeshaus fort. Im Zentrum stand auch hier die Diskussion um das Auslandsschulgesetz. Auf Einladung der ZfA stießen Herr Lauer, Leiter der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, und Herr Ernst, Vorsitzender des WDA, mit allen Beteiligten auf das 10-jährige Jubiläum des WDA an. Am Nachmittag besuchten die Teilnehmer rege die Workshops von WDA und ZfA. Der WDA steuerte hier Workshops zum Spenden sammeln im Internet, zur neuen Lernplattform w-da.net und zu Dienstleistungsmarketing und -management bei.

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