Das zweite Symposium des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen am 27. April 2012 in Berlin, das die mehrtägige WDA-Tagung 2012 eröffnete, beförderte einen entscheidenden Durchbruch: „Ich sage Ihnen jetzt zu, dass es das Auslandsschulgesetz geben wird – in dieser Legislaturperiode“, erklärte Pieper vor rund 150 geladenen Gästen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Bildung in der Akademie der Künste. Damit konkretisierte sie ihr Engagement für die Auslandsschulen deutlich. Die gemeinnützigen Schulträger erhoffen sich von der Initiative einen wesentlichen Schritt zu mehr finanzieller und personeller Planungssicherheit.
Fraktionsübergreifender Zuspruch
Die Gesetzesinitiative fand fraktionsübergreifenden Zuspruch bei den anwesenden Bundestagsabgeordneten: Angelika Krüger-Leißner (SPD) betonte, ein Gesetz müsse Planungssicherheit für die Schulen sowie eine klare, verlässliche und transparente Finanzierungsgrundlage bringen. Auch für Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) waren die Prioritäten klar: Die Schuldenbremse im Bund dürfe nicht zur Investitionsbremse im Bildungsbereich werden. Dr. Lukrezia Jochimsen (die Linke) fand angesichts der derzeitigen Sparauflagen noch deutlichere Worte: Die (finanzielle) Verantwortung in den Bereich der Schulen zu legen sei sehr besorgniserregend und ein „Auftrag zur Kannibalisierung“. Harald Leibrecht (FDP) äußerte sich ebenfalls positiv zu einer gesetzlichen Regelung.
Blickwinkel auf das Reformkonzept
Besondere Brisanz erhielt die Initiative angesichts der aktuellen Reform zur Förderung Deutscher Auslandsschulen. Am Vormittag hatte Joachim Lauer (Leiter Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, ZfA) den aktuellen Stand der Neukonzeption vorgestellt und war insbesondere auf den Aspekt der Budgetierung eingegangen. Die Flexibilisierung durch ein Budget, das den Auslandsschulen ab 2013 für den Einkauf von Lehrkräften zur Verfügung gestellt werden soll, sei zwar kein Patentrezept, so Lauer. Sie biete den Schulträgern jedoch die Möglichkeit, auf günstigere Lehrkräfte zurückzugreifen. „Durch die Umstellung der Förderung verschwindet kein Geld.“
Aus dem Blickwinkel vieler Schulen stellt sich dies anders dar. „Das Reformkonzept ist kein Sparkonzept an der Quelle, aber für die Schule bedeutet es eine Reduzierung der Mittel um 50%“, äußerte beispielsweise Ricardo Coscollola (DS Barcelona) anlässlich der ersten Podiumsdiskussion des Tages. Wido Schnabel (Deutsche Internationale Schule Kapstadt) ergänzte, dass insbesondere der lokale Mittelstand sich weitere Gebührenerhöhungen nicht leisten könne. 2011 hatte die Schule bereits rund 60 Schüler verloren. „Die Deutschen Auslandsschulen sind ein ungeschliffener Diamant“, so Schnabel. Die Bundesregierung habe noch nicht verstanden, was man daraus machen könne. Hier liege Potenzial bereit, das man fördern müsse.
In diesem Punkt waren sich fördernde Stellen und Auslandsschulen einig: Laut Dr. Thomas Schmitt (Auswärtiges Amt) sei es das erklärte Ziel der Reform, das deutsche Auslandsschulwesen wettbewerbsfähig mit dem anderer Wirtschaftsnationen aufzustellen und so langfristig eine qualifizierte berufliche Mobilität zu ermöglichen. Angesichts drängender Fragen wie Fachkräftemangel und Integration erklärten sich Schulen und fördernde Stellen bereit, künftig noch stärker an einem Strang zu ziehen, um den Stellenwert und den Bedarf der Auslandsschulen in die Entscheiderebenen zu tragen.
Investitionen der freien Träger als Katalysator
Schwerpunkt der letzten von insgesamt drei Podiumsdiskussionen, an denen sich die Schulvertreter rege beteiligten, waren die Erfolgsfaktoren für Bildungsinvestitionen freier Träger. Während Hanns-Jörg Sippel (Stiftung Mitarbeit) die Deutschen Auslandsschulen als Demokratiebotschafter sah und zu einer stärkeren Öffnung gegenüber der lokalen Zivilgesellschaft riet, plädierte Elke Lücke (Volkswagen AG) für eine engere Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik. Dr. Martin Schellenberg (Bundesverband Public Private Partnership) und Olaf Zimmermann (Deutscher Kulturrat) sahen indes den deutschen Staat in der Pflicht, insbesondere im Hinblick auf die derzeit ungleiche Risikoverteilung zulasten der Schulen. „Wenn die Deutschen Auslandsschulen eine solche Rolle spielen, dann sollte die Bundesrepublik auch die Verantwortung übernehmen“, so Zimmermann. Schon in seiner Anmoderation der Podiumsdiskussion hatte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, des Spitzenverbandes der Bundeskulturverbände, das besondere Engagement der freien Schulträger gewürdigt.
Netzwerkarbeit
Anlässlich ihrer Eröffnungsrede zum Netzwerkabend in der Berlin-Brandenburgischen-Akademie, würdigte Frau Prof. Schipanski, Rektorin des Studienkollegs zu Berlin, die besondere Arbeit der Deutschen Auslandsschulen. Die ehemalige Thüringer Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, ehemalige Präsidentin der KMK sowie Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten hob das besondere Potential der Absolventen Deutscher Auslandsschulen hervor. Sie wünschte sich eine stärkere Anbindung an das Studienkolleg, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, den europäischen Führungsnachwuchs zu fördern.
Kontinuität und starke Gemeinschaft in der Mitgliederversammlung
Dem Symposium folgte am Samstag die Mitgliederversammlung des WDA, in der aktuelle Entwicklungen und Strategien diskutiert wurden. So wurde u. a. das neu ins Leben gerufene Auslandsschulnetz.de vorgestellt und verdeutlicht, dass der Verband nach der Konsolidierungsphase der letzten Jahre künftig noch stärker strategische Ziele verfolgen wird – z. B. die Ausweitung seiner Dienstleistungen und die Gewinnung neuer Mitglieder. Konkrete Maßnahmen wurden ebenfalls verabschiedet: In den kommenden Monaten wird der WDA eigene Vorschläge für die Entwicklung des Auslandsschulgesetzes erarbeiten. Ferner wurden die drei zur Wahl stehenden Vorstandsmitglieder Klaus Kundrat (DS Genua), Andreas Rüsch (DS Pretoria) und Peter Raute (DS Bogotá) des insgesamt siebenköpfigen Vorstands von der Mitgliederversammlung in ihren Ämtern bestätigt.
Fortsetzung des kritisch-konstruktiven Dialogs mit der ZfA
Am Sonntag führten die Schulträger den kritisch-konstruktiven Dialog mit den fördernden Stellen bei einer Veranstaltung der ZfA im Bundeshaus fort. Schwerpunktthemen waren auch hier die Reform der Auslandsschulförderung, speziell die der unterschiedlichen Schultypen und Abschlüsse, sowie die ungelöste Problematik hinsichtlich des Versorgungszuschlags.
Der WDA hatte in diesem Jahr zum zweiten Mal zu seinem Symposium geladen. Ziel der jährlichen Veranstaltung ist es, den offenen Dialog zwischen den weltweit tätigen privaten Schulträgern und den Entscheidungsträgern in Politik, öffentlichen Stellen und Wirtschaft zu fördern. Rund 70 Vertreter aus den Mitgliedsschulen des WDA und 150 Teilnehmer insgesamt waren der Einladung gefolgt.