Public Value-Studie: Wertbeiträge, die sich auszahlen

Public Value-Studie von WDA und Universität St.Gallen beim Weltkongress vorgestellt: Standortbestimmung für Auslandsschulen, Gesprächsstoff für Diskussionen.

Professor Timo Meynhardt von der Universität St.Gallen stellte die Ergebnisse der Public Value-Studie vor. Foto: WDA/AA/ZfA/Dirk Enters

Welchen gesellschaftlichen Wertbeitrag leisten die Deutschen Auslandsschulen? Dieser Frage nach dem Wertbeitrag („Public Value“) der Schulen geht eine gemeinsame Untersuchung von WDA und Universität St.Gallen nach, deren Ergebnisse Professor Timo Meynhardt den Weltkongressteilnehmern vorstellte. Die WDA-Mitgliedsschulen hatten die Studie 2012 initiiert und Mittel für die Umsetzung bereitgestellt. Die Siemens Stiftung unterstützte das Projekt finanziell.

„Wert und Werte sind nicht dasselbe“

Ein Film veranschaulichte zum Einstieg die Public Value-Methode. Meynhardt erläuterte anschließend den wissenschaftlichen Hintergrund der Studie. „Wert und Werte sind nicht immer dasselbe“, unterstrich er. Der Wertbeitrag einer Organisation liege im Auge des Betrachters – „Perception is reality“. Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und Non-Profit-Einrichtungen wie die Deutschen Auslandsschulen müssten ihre Arbeit nach außen und innen vermitteln. Nur so könnten sie ihren Public Value stärken und verdeutlichen.

Eines der zentralen Ergebnisse der Studie lautet: Die erfolgreiche Arbeit der Deutschen Auslandsschulen ist zu wenig bekannt. Angesichts der jahrhundertelangen Geschichte und des Erfolgsmodells der Deutschen Auslandsschulen laut Meynhardt ein „untragbares“ Problem. Schließlich sei die erste Deutsche Auslandsschule in Kopenhagen „älter als Comenius.“

Die einzelnen Wertbeiträge aus der Außensicht der befragten Gesellschaftsvertreter in Deutschland. Die Wertbeiträge charakterisieren insgesamt den Public Value der Deutschen Auslandsschulen. Abb.: WDA

„Selbstbewusstsein und Stolz“

Die Studienergebnisse geben dem St.Gallener Wirtschaftsforscher zufolge einen repräsentativen Eindruck davon, was in den Köpfen der Menschen an den Schulen weltweit geschätzt wird. In dieser Innensicht zeige sich ein Bild von „hohem Selbstbewusstsein und Stolz“. In den Schulen arbeiteten „Männer und Frauen, die überzeugt sind, einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten“.

Diese schulische Innensicht wurde in der Studie mit der gesellschaftlichen Außensicht gespiegelt. Dazu wurden Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und fördernden Stellen interviewt. „Wertschöpfung entsteht durch Wertschätzung“, sagte Meynhardt. Die Wertschöpfung der Auslandsschulen fußt auf den von den befragten Gesellschaftsvertretern identifizierten Wertbeiträgen, von Bildung „Made in Germany“ bis hin zu Begegnung und Völkerverständigung. Diese Wertbeiträge machen zusammen den Public Value der Deutschen Auslandsschulen aus, erzeugen aber auch Spannungsfelder. Meynhardt nannte beispielhaft Zielkonflikte zwischen gemeinnütziger und marktorientierter Ausrichtung sowie deutschen Bildungsstandards und globalen Bildungswegen. Es sei wichtig, diese Spannungen zu erkennen und offen zu diskutieren. Die Studie ermögliche den Auslandsschulen eine grundlegende Standortbestimmung. „Sie bietet die Basis für künftige Diskussionen innerhalb des Netzwerks, aber auch für den Austausch mit Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit.“

Dr. Heinrich Kreft (Auswärtiges Amt), Detlef Ernst (WDA), Moderator Michael Brocker (v.l.). Foto: WDA/AA/ZfA/Dirk Enters

Meynhardts Vortrag bot viel Gesprächsstoff für die anschließende Podiumsdiskussion. Dr. Heinrich Kreft, Beauftragter für Außenwissenschaft, Bildung und den Dialog zwischen den Kulturen des Auswärtigen Amtes, beschäftigte die geringe Bekanntheit der Schulen. „Wir schaffen dort Botschafter für Deutschland in der ganzen Welt“, stellte der Diplomat fest. Um diese Leistung gesellschaftlich besser zu vermitteln, müssten direkte Kontakte zwischen Schulen in Deutschland und den Deutschen Auslandsschulen stärker gefördert werden.

„Im Sitzland sind die Deutschen Auslandsschulen eine echte Marke. Die Eltern stehen Schlange, um an einen Platz für ihre Kinder zu kommen“, berichtete WDA-Vorstandsvorsitzender Detlef Ernst. Anders als bei anderen internationalen Schulen kehrten bei den Deutschen Auslandsschulen die Lehrer nach ihrer Entsendung nach Deutschland zurück. „Das macht die Schulen so wertvoll auch für das Bildungssystem im Inland.“ Ernst forderte, die rückkehrenden Lehrer besser zu integrieren und ihre Erfahrungen zu nutzen. Um das DAS-Netzwerk insgesamt zu stärken, müsse die Alumniarbeit intensiviert und die Marke besser dargestellt werden.

Heinrich Ringkamp, stellvertretender Leiter der ZfA, nannte die Public Value-Studie „verdienstvoll“, da sie Argumente für Arbeit und Diskussionen im gesamten Auslandsschulwesen biete und deren Nutzen für alle Bereiche verdeutliche. Nun ist es Ringkamp zufolge wichtig, den „weltweiten Netzwerkgedanken“ der Schulen zu stärken und den „Markenprozess zu intensivieren“. Man solle den Rückenwind der Studie nutzen, um eine gemeinsame Dachmarke auszuarbeiten, welche die Identität der Schulen verdeutliche.

Impulse für organisatorische Neuausrichtung

Timo Meynhardt verwies auf Beispiele anderer Organisationen, die sich mit ihrem Public Value auseinandersetzen, wie die Deutsche Börse AG, die Bundesagentur für Arbeit und der FC Bayern. „All diese unterschiedlichen Akteure diskutieren ihre vielfältigen gesellschaftlichen Wertbeiträge.“ Diese Vergewisserung sei wichtig, um eigene Leistungen auch verteidigen zu können, etwa wenn es um die Förderung geht. Die Deutschen Auslandsschulen müssten sich gemeinsam auf die Tradition ihres globalen Netzwerks besinnen. „Keine Zukunft ohne Herkunft“, fasste der Wissenschaftler zusammen. Die Public Value-Debatte könne wichtige Impulse für die organisatorische Neuausrichtung geben.

Hartmut Koschyk, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, zeigte sich überzeugt: „Deutsche Auslandsschulen sind eine Marke – und es gilt noch viel stärker für sie zu werben“. Die Public Value-Studie könne dabei einen wichtigen Beitrag leisten. Koschyk hob die große Bedeutung der Deutschen Auslandsschulen für die deutschen Minderheiten insbesondere in Mittel- und Osteuropa hervor. Aber auch die sogenannten „Samstagsschulen“ leisteten einen wichtigen Beitrag, um die deutsche Sprache im Ausland zu pflegen. Die Substanz der Auslandsschulen sei in der Vergangenheit bedroht gewesen, aber inzwischen gebe es eine neue Wahrnehmung. „Die Wirtschaft hat Alarm gerufen: Wenn ihr am Auslandsschulwesen spart, gehen weniger Mitarbeiter ins Ausland.“

Elisabeth Knab, Geschäftsführerin Personalwesen Audi Ungarn. Foto: WDA/AA/ZfA/Dirk Enters

Wie eng die Partnerschaft zwischen Deutschen Auslandsschulen und deutscher Wirtschaft ist, verdeutlichte ein Vortrag von Dr. Elisabeth Knab, Geschäfts
führerin Personalwesen bei Audi Ungarn. Die Managerin stellte die Audi Hungaria Schule Győr vor, die 2010 als gemeinsames Projekt der Partner Ungarndeutsches Bildungszentrum Baja, Audi Ungarn und der Stadt Győr entstanden ist. Die Schule bietet einen deutschen und einen ungarischen Zweig an. Als Begegnungsschule steht sie Kindern der Mitarbeiter von Audi Ungarn offen, aber auch Familien, die nicht mit dem Unternehmen verbunden sind. Auf Wunsch bietet die Schule eine Ganztagesbetreuung an. Inzwischen ist ein neuer Campus entstanden – gemeinsam finanziert von Deutschland, Ungarn und Audi. Künftig will die Auslandsschule laut Knab weitere Abschlüsse anbieten, vor allem in der Berufsausbildung. In internationalen Unternehmen wie Audi seien auslandserfahrene und mehrsprachige junge Menschen gefragt, „die als global Player ihren Mann stehen“.

Weitere Informationen

Helpdesk