Interview zum Auslandsschulgesetz mit Staatsministerin Pieper

Anlässlich der Verabschiedung des Gesetzentwurfes im Kabinett gibt Staatsministerin Cornelia Pieper Einblicke in den Sinn und Zweck der Initiative. Das Interview ist in der aktuellen Ausgabe des Globus (1/13), der Zeitschrift des Vereins für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland (VDA), erschienen. Im Rahmen der engen Kooperation des WDA mit dem VDA, stellen wir Ihnen das Interview hier zur Verfügung.

Frau Staatsministerin Pieper, wie sah die bisherige Förderpraxis der Deutschen Auslandsschulen aus und warum sieht die Bundesregierung hier Handlungsbedarf?
Bisher werden alle Deutschen Auslandsschulen allein nach dem Zuwendungsrecht gefördert. Ihre Förderung war vom jedes Jahr neu zu beschließenden Haushaltsgesetz abhängig. Eine Schule ist aber kein kurzfristiges Projekt: Eltern und Schüler brauchen die Sicherheit, dass das Angebot einer Schule langfristig stabil bleibt. Die Förderung erfolgt zudem bisher als „Fehlbedarfsfinanzierung“, bei der wirtschaftliches Haushalten und die Bildung von Rücklagen automatisch zu einer Reduzierung der Förderung führen. Erfolgreiches Wirtschaften wird so im Endeffekt bestraft! Das Anliegen der Bundesregierung ist daher, die Planungssicherheit für die Deutschen Auslandsschulen und deren Schülerinnen und Schüler zu erhöhen und gleichzeitig Schulen, die sich wirtschaftlich und zukunftsorientiert verhalten, zu unterstützen.

Was beinhaltet die neue Regelung und wann ist eine deutsche Auslandsschule förderfähig?
Mit dem Auslandsschulgesetz soll für Schulen, die einen stabilen Schulbetrieb aufgebaut haben, ein gesetzlicher Anspruch geschaffen werden. Wenn eine Schule über mehrere Jahre konstant eine bestimmte Zahl von Absolventen hervorbringt und die Ansprüche an den ordnungsgemäßen Betrieb einer Deutschen Auslandsschule erfüllt, erfolgt ihre Förderung nicht mehr freiwillig durch Zuwendungen des Bundes, sondern als gesetzliche Pflichtleistung. Diese Förderung erfolgt zudem unabhängig von den Eigenmitteln der Schule und erfolgt überjährig. Sie bietet den Schulen somit ein hohes Maß an Planungssicherheit.

Welche Ziele werden mit dieser Regelung verfolgt?
Die obersten Ziele lauten Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Eine Schule muss über ein einzelnes Haushaltsjahr hinaus planen können. Ein weiteres Ziel ist, die Förderung an der Kernkompetenz der Deutschen Auslandsschulen auszurichten: der Vermittlung qualitativ hochwertiger, deutschsprachig geprägter Schulabschlüsse für eine möglichst große Zahl von Schülern.

Das geplante Gesetz soll erstmals den Begriff der Auslandschule definieren. Welche Schulen dürfen sich künftig „Deutsche Auslandsschulen“ nennen? Kann es sein, dass manche Schulen diese Bezeichnung aberkannt bekommen?
„Deutsche Auslandsschule“ dürfen sich Schulen nennen, denen dieser Status über einen Verleihungsvertrag mit dem Bund zuerkannt wurde. Natürlich ist vorgesehen, allen bisher geförderten Deutschen Auslandsschulen diesen Status zu verleihen.
Diese neue gesetzliche Definition erleichtert es uns aber, gegen betrügerische, sogenannte „Deutsche Schulen“ vorzugehen, die sich an Eltern im Ausland bereichern wollen.

In einem Entwurf für das Gesetz heißt es, dass Deutschland in der Regel nur Minderheitsfinancier sei, die Deutsche Auslandsschule müsse in der Lage sein, die neben der Förderung für einen nachhaltigen Betrieb notwendigen Mittel selbst aufzubringen. Wie sollen Schulen sich diese Mittel beschaffen?
Auch heute schon bringen Deutsche Auslandsschulen den größten Teil der Mittel für ihren Betrieb selbst auf. Bedeutendste Quelle für diese Mittel ist natürlich das von den Schulen erhobene Schulgeld. Eine sozialverträgliche Ausgestaltung dieses Schulgeldes auch für einkommensschwachere Familien sehen wir dabei als ein wichtiges Element des ordnungsgemäßen Betriebs einer Deutschen Auslandsschule an. Auch im Ausland darf die Größe des Geldbeutels der Eltern kein Hinderungsgrund für den Besuch einer guten Schule sein.

Welche Abschlüsse können Schülerinnen und Schüler an Deutschen Auslandsschulen künftig machen? Auf Grund der Kulturhoheit der Bundesländer sind diese für die Vergabe deutscher Abschlüsse zuständig und nicht der Bund selbst. Wie soll gewährleistet werden, dass die Abschlüsse Deutscher Auslandsschulen von den für die Bildung zuständigen Bundesländern anerkannt werden?
Die Orientierung an den Abschlüssen ist ein Kernkonzept des Auslandsschulgesetzes. Den Schülerinnen und Schülern qualitativ hochwertige Schulabschlüsse zu bieten, ist ein zentraler Beweggrund für die gesetzliche Förderung. Die enge Zusammenarbeit von Bund und Ländern ist zudem seit jeher eine der Grundlagen des Deutschen Auslandsschulwesens. Diese Partnerschaft wollen wir weiter pflegen. Aus diesem Grund ist die Liste der förderfähigen Abschlüsse vor dem Beschluss des Gesetzentwurfs durch den Bund mit den Ländern abgestimmt worden. Diese Liste umfasst alle klassischen deutschen Schulabschlüsse (Haupt- und Realschulabschluss, Fachhochschulreife, Abitur und Berufsschulabschlüsse) sowie die modernen, ebenfalls deutschsprachig geprägten Schulabschlüsse, die speziell an Deutschen Auslandsschulen vergeben werden (Deutsches Interantionales Abitur und Gemischsprachiges Interantionales Baccalaureate). Außerdem kann an den meisten Deutschen Auslandsschulen weiterhin das Deutsche Sprachdiplom in beiden Stufen abgelegt werden.

Was muss eine deutsche Auslandschule konkret unternehmen, um eine Förderung nach dem geplanten neuen Auslandsschulgesetz zu erhalten?
Zuerst muss die Schule den Status „Deutsche Auslandsschule“ erlangen. An die derzeit geförderten Schulen wird die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), die die Schulen im Auftrag des Auswärtigen Amtes betreut, nach Inkrafttreten des Gesetzes herantreten, um diesen Prozess in die Wege zu leiten. Schulen, die bisher noch nicht gefördert werden, müssen selbst aktiv werden und Kontakt mit der ZfA aufnehmen. Diese wird sie zur Schulgründung beraten und gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt prüfen, ob der Abschluss eines Verleihungsvertrages in Frage kommt.
Nach Erlangung des Status folgt der zweite Schritt: Die Schule muss ihren Betrieb bis zu dem Punkt aufbauen, ab dem sie genügend Absolventen hervorbringt, um einen Förderanspruch zu erlangen. Auch wenn hierauf kein Anspruch besteht, kann der Bund die Schulen bereits in dieser Phase freiwillig finanziell und durch die Vermittlung von Lehrkräften unterstützen.
Ist der Schulbetrieb schließlich soweit ausgebaut, dass die Schule einen Anspruch auf Förderung erwirbt, muss sie diesen zuletzt über die ZfA beantragen. Pro Antrag kann die Förderung dann fortlaufend für jeweils bis zu 3 Jahre festgesetzt werden.

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